6. Auch weiterhin gilt es, die komplexe Mechanisierung der Landwirtschaft konsequent zu betreiben. Hierbei ist die optimale Betriebsgröße einer Kenngröße, aus der sich wesentliche Parameter für die Entwicklung von Maschinen und Geräten ergeben. Aus den unter 1. bis 4. dargestellten Aspekten resultiert, daß die optimale Betriebsgröße nicht aus Leistungskraft und Ökonomik der Maschinensysteme bestimmt werden kann, die der Landmaschinenbau anbietet. Wenn sich die Territorialabteilungen zu stabilen Grundeinheiten der landwirtschaftlichen Produktion entwickeln, muß die weitere Gestaltung der materiell-technischen Basis dem Rechnung tragen. Die komplexe Mechanisierung der Landwirtschaft muß so konzipiert sein, daß sie eine Vergrößerung der Produktionseinheiten nicht weiter forciert.

 

5. Zu den aktuellen Entwicklungstendenzen des genossenschaftlich-sozialistischen Eigentumsverhältnisses

"Die Gestaltung der Entwickelten Sozialistischen Gesellschaft ist ein historischer Prozeß tiefgreifender politischer, ökonomischer und geistig-kultureller Wandlungen."
Diese grundlegende Feststellung aus dem Programm der SED findet in der Entwicklung des Volkswirtschaftsbereiches Landwirtschaft deutliche Bestätigung. Jene dialektische Einheit von Kontinuität und Diskontinuität, die ein allgemeines Entwicklungsgesetz darstellt, tritt hier besonders anschaulich zutage.

Tiefgreifende Wandlungen im agrarischen Arbeits- und Aneignungsprozeß ziehen sich durch die vergangenen zwanzig Jahre und werden auch die kommenden Dekaden prägen. Gravierende Veränderungen, die die Beziehungen der unmittelbaren Produzenten und Eigentümer betreffen, reichen

  • - vom Zusammenschluß mehrerer kleiner LPG über
  • - Ausgliederung und überbetriebliche Zentralisation bestimmter Teilprozesse,
  • - die Herausbildung kooperativer Abteilungen Pflanzenproduktion und weiter über
  • - LPG (PF) und (T) bis zur
  • - Formierung von Territorialabteilungen, die sich nach unserem heutigen Erkenntnisstand zu stabilen Grundeinheiten des einheitlichen Reproduktionsprozesses der genossenschaftlich-sozialistischen Landwirtschaft profilieren werden.

Doch all diese Sprünge, Wendungen und Umgestaltungen sind nur zu begreifen als der dialektisch andere Pol zur Kontinuität der Agrarpolitik der Partei der Arbeiterklasse, deren stabile Grundpfeiler

  • · das gesamtgesellschaftliche Eigentum an Produktionsmitteln (Volkseigentum) in der Industrie und der hierdurch gewährleistete einheitlich sozialistische Charakter unserer Produktionsverhältnisse,
  • · die Diktatur des Proletariats und das Bündnis der Arbeiterklasse mit allen anderen Werktätigen und
  • · unsere marxistisch-leninistische Weltanschauung sind.

Die Agrarpolitik wurde durch unsere Partei stets als integraler Bestandteil ihrer gesamten Strategie und Taktik entwickelt. In jeder Phase der Entwicklung der sozialistischen Landwirtschaft ging und geht es um zwei untrennbar verbundene Aufgabenstellungen, nämlich

  • - die Befriedigung eines wachsenden Bedarfes an Nahrungsmitteln und Rohstoffen und
  • - die Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Beziehungen der Werktätigen, insbesondere der Produktionsverhältnisse, verbunden mit einer ständigen Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen.

Die Vergesellschaftung der Landwirtschaft gehört mit Sicherheit zu den kompliziertesten Aufgaben beim Aufbau des Sozialismus-Kommunismus. Besonderheiten der Agrarproduktion wirken ihrer Vergesellschaftung in vielfältiger Weise entgegen. Auf dem gegenwärtigen Niveau der Produktivkräfte machen sich diese Besonderheiten mindestens in den folgenden Hinsichten geltend.

1. Auch in einer vollmechanisierten Landwirtschaft bleibt das Pflanzenwachstum in natürlichen ökologischen Abläufen die bestimmende Grundlage der Arbeitsprozesse. Daraus ergeben sich Schranken für die Arbeitsteilung, die in der Industrie nicht existieren. Die Arbeitsteilung auf der Ebene des Betriebes entwickelt sich, indem die einzelnen Arbeitsgänge, die das Produkt durchläuft, verschiedenen Teilarbeitern zugewiesen werden, so daß das zeitliche Nacheinander der Arbeitsgänge aufgehoben wird in einer Gleichzeitigkeit und einem räumlichen Nebeneinander der Teilarbeiten, die sich zu einem ununterbrochenen Gesamtprozeß vereinigen. In der Pflanzenproduktion ist das nur in relativ engen Grenzen durchführbar. Bestimmte Arbeiten können effektiv nur innerhalb unverrückbarer agronomisch günstiger Fristen durchgeführt werden.

2. Solange bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation den gegebenen Witterungsverläufen Rechnung zu tragen ist, gestalten sich die Arbeitsabläufe diskontinuierlich. Eine möglichst gleichmäßige Nutzung des Arbeitsvermögens mit maximalem Nutzeffekt bleibt damit eine Aufgabe, die täglich und stündlich eine Vielzahl operativer Entscheidungen erfordert, die nur an Ort und Stelle getroffen werden können. Bei vertretbarem Aufwand ist das nur innerhalb überschaubarer, also relativ eng begrenzter Produktionseinheiten möglich.

3. Die Landwirtschaft bleibt auch in absehbarer Zukunft der Bereich der Volkswirtschaft mit der ausgedehntesten Produktionsfläche. Die Pflanzenproduktion bewirtschaftet ca. 50 % des Staatsterritoriums der DDR. Die Konsequenzen dieser Tatsache für die Möglichkeiten der Zentralisation der Produktion seien anhand der Getreideproduktion verdeutlicht.

Gegenwärtig beträgt die Getreideanbaufläche der DDR mehr als 2,5 Mill. ha. Diese Größenordnung kann über den Fünf-Jahr-Plan-Zeitraum hinaus zugrunde gelegt werden, denn eine solche Steigerung der Hektar-Erträge, die eine Verringerung der Getreideanbaufläche bei gleichzeitiger Ablösung aller Getreideimporte und Sicherung einer bedeutenden Steigerung der Futterproduktion ais einheimischen Rohstoffen ermöglicht, ist auch unter größten Anstrengungen nur schrittweise zu erreichen. Bei einer maximalen Anbaukonzentration von 2000 ha je Betrieb müssen in der DDR etwa 1250 Betriebe mit der gleichen Aufgabe Getreideproduktion betraut sein. Jenes Niveau der Spezialisierung, Zentralisation und Konzentration der Produktion, das in der volkseigenen Industrie erreicht ist, kann in der Getreideproduktion, also dem Zweig der Pflanzenproduktion, der die höchste Konzentration zuläßt, derzeit nicht ins Auge gefaßt werden. Berücksichtigt man, daß die Erfahrungen der Getreideernte 12982 die Zweckmäßigkeit einer Aufteilung der großen Erntekomplexe mit 12 bis 15 Kombines auf kleinere Territorialeinheiten belegen, so erscheint die maximale Anbaukonzentration von 2000 ha schon als zu groß und damit m. E. die Zahl der Getreide anbauenden LPG und VEG als zu klein. Vergrößern kann sich die Zahl der Betriebe allerdings nur im Ergebnis einer Strukturveränderung, die mit Territorialabteilungen zu selbständigen Einheiten macht.

4. Zu den Faktoren, die die optimale Betriebsgröße und damit auch die Gestaltung der Produktionsverhältnisse bestimmen, gehört die Bodenfruchtbarkeit. Der Boden ist ein kompliziertes ökologisches System, dessen mangelhafte Beherrschung oder gar fehlerhafte Behandlung die Produktivität der gesamten Landwirtschaft - einschließlich der Tierproduktion - sowie auch anderer Volkswirtschaftszweige und die Versorgung der Bevölkerung nachhaltig unterlaufen muß. Bei einer Verfahrens- und produktbezogenen Organisation der Produktion erschienen Pflugkomplexe mit 2 bis 3 Traktoren K 170 und einem Traktor ZT 300, die 4 bis 6 tausend ha Ackerfläche bearbeiteten, als zweckmäßig. Verweis!
Eine derartige Ausdehnung des Wirkungsradius eines Arbeitskollektivs mußte jedoch einem verantwortungsbewußten und sachkundigen Umgang mit dem Boden, der ja auch genaue Ortskenntnis verlangt, entgegenwirken. Maximierung der Bodenfruchtbarkeit verlangt eine komplexe Organisierung der Feldwirtschaft in überschaubaren Territorien mit stabilen Arbeitskollektiven, denen Boden, Maschinen und Geräte sowie die Produktionsaufgaben fest zugeteilt sind. Andererseits verlangt die Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit auch eine Mindestgröße der Produktionseinheiten. So muß beispielsweise gewährleistet sein, daß die Nachfolgearbeiten zur Getreideernte synchron zum Ernteverlauf bewältigt werden können, denn jede Stunde, die der Boden unbearbeitet liegt, ist der Krume abträglich.

5. Solange persönliches Können, genaue Ortskenntnis, unbedingte Identifikation der Produzenten mit ihrer Arbeit und ihre Liebe zu Tier und Pflanzen, also das ganze persönliche Engagement im "unmittelbaren Fertigungsprozeß" ausschlaggebend sind für das Produktionsergebnis, kommt es auf die Reproduktion stabiler und konkreter Beziehungen der Werktätigen zu fest umrissenen Produktionsprozessen mit ihren Arbeitsmitteln und Arbeitsgegenständen an. Das wird um so akuter, je weiter die Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Lande hinter denen in der Stadt zurückbleiben, was gegenwärtig in besonders evidenter Weise auf die Tierproduktion in herkömmlichen Anlagen zutrifft. Hier bildet die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik unbedingt den Kern einer auf Produktionswachstum orientierten Strategie. Das genossenschaftliche Eigentum fördert - mehr noch als das Volkseigentum - die Selbsthilfe der Werktätigen und erzeugt ein Gefüge sozialer Bindungen, die für die Reproduktion des Arbeitsvermögens in der Landwirtschaft unerläßlich sind.

6. Auch weiterhin gilt es, die komplexe Mechanisierung der Landwirtschaft konsequent zu betreiben. Hierbei ist die optimale Betriebsgröße eine Kenngröße, aus der sich wesentliche Parameter für die Entwicklung von Maschinen und Geräten ergeben. Aus den unter 1. bis 4. dargestellten Aspekten resultiert, daß die optimale Betriebsgröße nicht aus Leistungskraft und Ökonomik der Maschinensysteme bestimmt werden kann, die der Landmaschinenbau anbietet. Wenn sich die Territorialabteilungen zu stabilen Grundeinheiten der landwirtschaftlichen Produktion entwickeln, muß die weitere Gestaltung der materiell-technischen Basis dem Rechnung tragen. Die komplexe Mechanisierung der Landwirtschaft muß so konzipiert sein, daß sie eine Vergrößerung der Produktionseinheiten nicht weiter forciert.

7. Von größter Bedeutung für das Gesamtergebnis der landwirtschaftlichen Primärproduktion ist die Meisterung der vielgestaltigen Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen- und Tierproduktion. Organisatorische Verselbständigung beider, wie sie sich in den Siebziger Jahren herausgebildet hat, hebt diese Wechselbeziehungen ja keineswegs auf. Eine wirkungsvolle Wahrnehmung der gemeinsamen Verantwortung ist mindestens für die folgenden Bereiche der Kooperation unumgänglich.

  1. Effektive Nutzung des Arbeitsvermögens. Ebenso, wie die Tierproduktion bei der Zuckerrübenpflege, der Stroh- und Futterbergung u. a. saisonalen Belastungen der Pflanzenproduktion Hilfe leisten muß, stellt die Pflanzenproduktion außerhalb ihrer Arbeitsspitzen Arbeitskräfte für Transport- und Bauarbeiten sowie Urlaubs- und Krankheitsvertretungen in den Ställen zur Verfügung.
  2. Produktion, Transport und Lagerung des Futters. Die Bereitstellung von Grünfutter in ausreichender Menge, Qualität und Kontinuität von April bis November liegt im Verantwortungsbereich der Pflanzenproduktion, entscheidet aber maßgeblich über die Produktivität der Tierproduktion, so daß die ökonomischen Beziehungen zwischen beiden Bereichen so beschaffen sein müssen, daß die Bedürfnisse der Tierproduktion den entscheidenden Maßstab für die Futterproduktion abgeben.
  3. organische Düngung und Humuswirtschaft. Je mehr Nährstoffe dem Boden entzogen werden, um so dringlicher wird ihre möglichst vollständige Rückführung. Die Rückführung der in den Abprodukten der Tierproduktion enthaltenen Nährstoffe ist ein unabweisbares Erfordernis intensiver Landwirtschaft. Die Schaffung relativ geschlossener Stoffkreisläufe ist am ehesten in den Grenzen einer Gemeindeflur zu erreichen. Gesunde Proportionen zwischen Hauptfutterfläche, Tierbeständen und Ausbringungsfläche für organischen Dünger sind in diesem Rahmen mit geringstem energetischem Transport- und Lageraufwand zu realisieren.
  4. Weidewirtschaft. Mit der Weidenutzung fallen in die Kompetenz der Tierproduktion die Portionierung der Weiden, Installierung und Instandhaltung der Zäune, Zusammenstellung und Pflege der Herden, Besamung und Melken. Aber die Voraussetzungen für einen hohen Grünmassebestand werden mit der Aussaat, der Düngung u. a. Maßnahmen durch die Pflanzenproduktion geschaffen. Eine ungeteilte Verantwortung für die Weidewirtschaft ist letztlich unumgänglich. e) individuelle Hauswirtschaften. Für eine vollständigere Ausschöpfung der örtlichen Reserven an Futtermitteln, Bausubstanz und Arbeitskräften, für eine bessere Versorgung der Bevölkerung und zwecks Stabilisierung der Genossenschaften orientieren der I. Parteitag der SED und der XII. Bauernkongreß der DDR auf eine stärkere Förderung der individuellen Hauswirtschaften. Hierbei beginnen die gemeinsamen Aufgaben von Pflanzen- und Tierproduktion mit der Erarbeitung und Durchsetzung gemeinsamer statutenmäßiger Grundsätze und reichen über die Bereitstellung geeigneter Bodenflächen, Bereitstellung und Verrechnung von Futtermitteln und Gewährung weiterer Produktionshilfen bis hin zur Organisierung von Erfassung und Aufkauf.

Gegenwärtig kommt es darauf an, die Beziehungen zwischen Pflanzen- und Tierproduktion zu vereinfachen und zu effektivieren. Der Hauptweg hierbei ist die Kooperation. Für die weitere Entwicklungstendenz der Kooperation dürfte von grundlegender Bedeutung sein, daß der einzig mögliche Ausgangspunkt für eine realistische Erfassung der Leistungen aller Teilbereiche der Landwirtschaft eines gegebenen Territoriums mit ihren wechselseitigen Durchdringungen nur das ökonomische Gesamtergebnis von Pflanzen- und Tierproduktion der jeweiligen territorialen Einheit sein kann. Die Arbeitsgrundsätze der Kooperationsräte Pflanzen- und Tierproduktion, wie sie 1982 praktisch wirksam wurden, tragen dem stärker als bisher Rechnung. Dafür gab der Beschluß des XII. Bauernkongresses eine klare Orientierung.

"In unserem tagtäglichen Arbeitsprozeß ist die Erfahrung gereift, daß wir die größten Reserven für eine hohe und effektive Produktion sowie für die Gestaltung eines regen gesellschaftlichen Lebens im Dorf durch ein noch engeres Zusammenwirken aller am Reproduktionsprozeß beteiligten Partner, vor allem der Pflanzen- und Tierproduktion, erschließen können. Daher werden wir alles tun, was geeignet ist, die Pflanzen- und Tierproduktion enger zusammenzuführen. Wir werden in allen LPG, VEG und GPG die gemeinsame Verantwortung für die stabile Gestaltung der Wechselbeziehungen zwischen Boden - Pflanze - Tier - Boden fördern und in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen. Wir sichern, daß die Abteilungen und Brigaden der Pflanzen- und Tierproduktion in den Dörfern Hand in Hand zusammenarbeiten und ihre Beziehungen so organisieren, daß alle anfallenden Arbeiten stets zum richtigen Zeitpunkt und in hoher Qualität durchgeführt werden, so wie sich das aus den Besonderheiten der landwirtschaftlichen Produktion ergibt." Die Entwicklung einer verbindlicheren Arbeitsweise der Kooperationsräte wird hierfür als Schlüsselfrage angesehen. Die folgenden Festlegungen wirken m. E. In Richtung auf Reintegration der Pflanzen- und Tierproduktion, ohne daß es um eine einfache Rückkehr zu der LPG der Typen I, II und III ginge. "Durch Vollversammlungsbeschlüsse werden wir den Kooperationsrat Pflanzen- und Tierproduktion verpflichten, unsere gemeinsame Verantwortung für den einheitlichen Reproduktionsprozeß der Feld- und Viehwirtschaft und die im Kooperationsrat aufeinander abgestimmte Planung und Bilanzierung wahrzunehmen. Dazu, scheint uns, ist der Kooperationsrat die richtige Einrichtung. Alles dort gemeinsam beratene und beschlossene erklären wir für die beteiligten Partner als verbindliche Arbeitsgrundlage." Quelle!

Die weitere Ausgestaltung der Bewegungsformen der Produktivkräfte der sozialistischen Landwirtschaft muß der widersprüchlichen Einheit zweier Erfordernisse gerecht werden:

  1. Komplexität der agrarischen Primärproduktion und
  2. ihre gleichzeitige Überschaubarkeit.

Aus dem im Vergleich zur Industrie hohen Maß an Dezentralisiertheit erwachsen besonders Anforderungen an die Gestaltung der gesamtgesellschaftlichen Planung und Leitung des Bereiches Landwirtschaft. Das genossenschaftlich-sozialistische Eigentum erweist sich dabei als die optimalste Bewegungsform der gegebenen Produktivkräfte und die adäquateste Vermittlung der alltäglich zu meisternden Identität von Produzent und Eigentümer.

Die Vergesellschaftung der Produktion ist ein gesetzmäßiger Prozeß. Er entspricht den objektiven Interessen der Klasse der Genossenschaftsbauern ebenso wie der Arbeiterklasse. Doch die Ablösung einer Eigentumsform durch eine höhere bedeutet erst dann einen praktischen Fortschritt, wenn die Potenzen der "niederen" Form weitestgehend erschöpft sind, wenn ihre spezifischen Vorzüge in sozialökonomische Hemmnisse umgeschlagen sind. Der Übergang vom genossenschaftlichen zum Volkseigentum erweist sich auf dem gegenwärtigen Entwicklungsniveau der Produktivkräfte nur unter sehr genau eingegrenzten Bedingungen als zweckmäßig. Die allgemeinsten dieser Bedingungen sind:

  1. Überregionale Bedeutung der Produktion des Betriebes, so daß eine unmittelbare Unterstellung unter zentrale oder bezirkliche Leitungsorgane notwendig ist. Das trifft zu auf landwirtschaftliche Lehr-, Forschungs- und Versuchseinrichtungen sowie die Sorten- und Rassenzucht;
  2. relativ geringe Gebundenheit an die Pflanzenproduktion eines begrenzten Territoriums. Das trifft zu auf die industrielle Produktion von Eiern und Mastgeflügel sowie - freilich in geringerem Maße - die Schweinemast. Die Kombinate für industrielle Mast entstanden nicht durch Vergesellschaftung vorgefundener Agrarproduktion, sondern praktisch neben dieser;
  3. Der erforderliche Investitionsaufwand übersteigt die Kräfte einer oder weniger Genossenschaften. Doch für sich genommen rechtfertigt dieses Kriterium nichts.

Das Eigentumsverhältnis ist die Resultante einer Totalität von Produktionsverhältnissen. Außerhalb dieser Totalität ist das Eigentum nichts als eine leere Abstraktion. Eine solche Abstraktion ist die Reduzierung der Eigentumsproblematik auf die alternative Fragestellung: Genossenschaftliches oder Volkseigentum? - Ganz im Sinne der Marxschen Auffassung, daß eine Definition des Eigentums bedeutet, die Gesamtheit der gegebenen Produktionsverhältnisse zu untersuchen, Verweis muß eine Untersuchung der Entwicklung des Eigentums in der sozialistischen Landwirtschaft mit der Betrachtung der Gesamtheit ihrer Produktionsverhältnisse zusammenfallen. Erst die Analyse der Totalität der ökonomischen Beziehungen und die Überprüfung ihrer praktischen Konsequenz für das Verhalten der Werktätigen ergibt die wissenschaftliche Basis einer marxistisch-leninistischen Agrarpolitik, der leichtfertiger Voluntarismus fremd ist.

Wie in unserer bisherigen Entwicklung bleiben auch in absehbarer Zukunft jene Prinzipien der sicherste Wegweiser für eine gedeihliche Entwicklung auf dem Lande, die im sog. Leninschen Genossenschaftsplan zusammengefaßt sind.

  • - Unter der Herrschaft des Volkseigentums, dessen sozialer Träger die Arbeiterklasse ist, erweisen sich die Produktionsgenossenschaften als die spezifische Übergangsform, in der die zersplitterte Kleinproduktion vergesellschaftet werden kann, bis sie in der kommunistischen Großproduktion aufgegangen ist.
  • - Jeder Schritt der Vergesellschaftung ihrer Produktion muß in den Erfahrungen der Bauern wurzeln, muß für die Bauern verständlich und nachvollziehbar sein. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Bauern und der Partei der Arbeiterklasse ist Unterpfand aller Erfolge und zugleich anspruchsvolles Kampfziel des Alltags. Kern dieses Vertrauensverhältnisses, das auf der Übereinstimmung der grundlegenden sozialen, ökonomischen und politischen Interessen beruht, ist die gegenseitige Achtung, zu der es gehört, daß in den Fragen der unmittelbaren Gestaltung der landwirtschaftlichen Produktion die Erfahrungen der Bauern die oberste Autorität sind. Verweis!
    So manche Fehlinvestition und mancher Irrweg kann vermieden werden, wenn die beteiligten Produzenten auch als unmittelbare Eigentümer der Produktionsmittel mit ihrem eigenen Wohlstand für den Erfolg haften, wenn sie klug rechnen und die erweiterte Reproduktion unausweichlich ihre ureigenste Sache ist. Das genossenschaftliche materielle Interesse stellt im Rahmen der einheitlichen sozialistischen Produktionsweise eine Triebkraft des Fortschritts dar. Ein exakt bestimmter Spielraum für kommerzielle Initiative muß den Genossenschaften eingeräumt sein.
  • - Solange das genossenschaftliche Eigentum eine ökonomische Realität ist, gilt es ständig zu fragen, wo und wie welche Elemente des administrativen Eingreifens in den genossenschaftlichen Reproduktionsprozeß durch gezielte Gestaltung ökonomischer Mechanismen abgebaut bzw. vermieden werden können. Darum wird es gehen bei der Durchführung der vom X. Parteitag beschlossenen Agrarpreisreform, die auf das genossenschaftliche Eigentumsverhältnis dadurch stabilisierend wirken kann, daß eine exaktere gesellschaftliche Bewertung des genossenschaftlichen Produktionsergebnisses die genossenschaftliche materielle Interessiertheit stärkt.
  • - Ein unverzichtbares Prinzip der Genossenschaftspolitik ist und bleibt die Freiwilligkeit. Unabdingbare Voraussetzung dafür, daß die Werktätigen und Genossenschaftsbauern die Sache des Sozialismus-Kommunismus zu der ihren machen, ist ihre Einsicht in die gesellschaftlichen Zusammenhänge, ist das Erkennen ihrer eigenen Perspektive im sozialistisch-kommunistischen Aufbau. So, wie sich die Perspektive der Landwirtschaft aus der Herrschaft des Volkseigentums und der Diktatur des Proletariats ergibt, ist ihre geistige Grundlage der Marxismus-Leninismus, die wissenschaftliche Weltanschauung der Arbeiterklasse. Daher kann es nur die Partei der Arbeiterklasse sein, welche die Klasse der Genossenschaftsbauern befähigt, ihre ganze Kraft in eine friedliche, weil kommunistische Zukunft der Menschheit einzubringen.
 

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