Nicht dass ich mit dem Mikrofon an den Brennpunkten des Weltgeschehens unterwegs gewesen wäre. Auch war ich nie der Starreporter des NDR-Vorpommernstudios Greifswald. Aber von dem, was ich in meinen radioaktiven Jahren aufgeschnappt habe, ist ein vielstündiges Extrakt auf DAT-Kassetten festgehalten. Im Folgenden wird ein Weniges davon hörbar. Dies ist eine gewissermaßen moderierte Auswahl, deren wichtigstes Kriterium nicht die Prominenz ist, denn sonst wären die Ministerpräsidenten Seite und Beck darin. Aber meine Haupthelden sind Musiker, die so herrliche Statements zur Lage der Nation abgeben können wie Wolfram Body Bodag. Body Bodag von Engerling zur Lage Oder Ernst-Ludwig Luden Petrowsky, der so hinreißend wie kaum ein anderer den Narren zu geben weiß, voller Hintergründigkeiten mit vielfachem Boden. Luden Petrowsky über die Größe von Stan Getz, gemessen an den Weltstars der Oper, Rauhbeinig und verletzlich, kaum berechenbar und immer kompromisslos ehrlich ist Klaus Renft, das Ostrocker-Urgestein. Aus der DDR geworfen, fand er Arbeit als Musikredakteur beim Rias. Lange konnte das nicht gut gehen. Kllaus Renft >erzählt, wie er beim RIAS rausflog. Aber auch das Radio, gescholten für den Opportunismus, mit dem es seinen Kulturauftrag vergesse, hat seine genialen Persönlichkeiten, auch wenn sie mählich dem Zahn der Zeit zum Opfer fallen. Michael Naura ist so einer, der schon zu fehlen beginnt, wo er doch noch im Unruhestand Präsenz zeigt. Einer, der auch "das Maul aufgerissen" hat im Radio, freilich ganz anders, war mein Schulkamerad Lutz Bertram. Im Januar 1996 wurde seine öffentlich-rechtliche Karriere als Berlin-Brandenburgische Radiokultfigur schlagartig beendet durch Offenlegung einer von ihm verschwiegenen Zusammenarbeit mit dem MFS. Was hatte er verbrochen? In der Öffentlichkeit wurde davon gesprochen, er habe Musiker wie die der Gruppe Silly ausgespitzelt. Als Texter eng verbunden mit Silly war über Jahre Gerhard "Gundi" Gundermann. Am 19. Januar 1996 konzertierte Gundi im Greifswalder Studentenclub "Kiste", und ich fragte ihn danach. Es ist gut, wenn man Freunde fragen kann, die mit unserer Geschichte vertraut und zugleich zu ihr distanziert sind. Michael Friedman aus Vancouver in Canada ist so einer. Zweimal 6 Jahre lebte er in der DDR. Dort traf ich ihn zum ersten Mal bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin 1973. Wir blieben in losem Kontakt, und ich war sehr froh, Michael wieder zu treffen in November 1995. Er hatte sich mit seinem Freund, dem großartigen Gitarristen Don Ross angesagt. Mir gelang es, die Schweriner Kulturfrauen dazu zu bewegen, dass wir aus diesem Anlaß einen Radio-MV-Klönkasten machen sollten. Ich fragte Michael Friedman in dieser Sendung auch nach dem Umgang mit unangenehmen Erinnerungsstücken, wie es die Monomente des Sozialismus nun sind. Damals wurde noch die Frage debattiert, was aus dem Ernst Thälmann am Berliner Thälmann-Park werden solle. Michael erzählte dazu diese Parabel. Michael Friedman über eine Art Denkmale zu entsorgen Seit ich für den NDR Tonträgeraltbestände dokumentiere, bin ich auch immer wieder großartiger niederdeutscher Literatur und Vortragskunst begegnet. Einer der Großen, vom Nordwesten leider kaum registrierter Vortragskünstler war der Schauspieler Gerd Micheel. Hier ist er zu hören mit einem Ausschnitt aus dem Schlusskapitel des autobiografischen Romans Ut mine Festungstid |
Erstellt am 18-03-2001 | Zuletzt geändert am 18.10.2002 00:42 |