Zum Ablauf! Resümee
Thema:Zwischen Ideal und Kompromiss - der gute Ton und seine Verbreitung via Rundfunk und Tonträger. Mehr!
Termin:Vom 3. Oktober 2002 18:00 Uhr
bis 6. Oktober 2002 um 12:00 Uhr
Veranstalter:Ostseeperlen Boltenhagen.
Erholungs- und Kommunikationszentrum des
Blinden- und Sehbehinderten-Vereins Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Veranstaltungsort:Haus Seeschlößchen
Strandpromenade 53, 23946 Boltenhagen,
Telefon: 038825/3700; fax: 038825/37043
Ihre Mail an: ostseeperlen@t-online.de!
Programmregie:Dr. Jürgen Trinkus
Ihre Mail an Jürgen Trinkus: webmaster@klangkontext.de!
Teilnehmergebühr:Zuzüglich zu den Pensionskosten werden 45 Euro zur Bestreitung der Unkosten (Aufwandsenthschädigung für Referenten) erhoben.
Unterbringungsmöglichkeiten:Das Ostseebad Boltenhagen bietet natürlich vielfältige Möglichkeiten, aber im "Haus Seeschlößchen" wohnen Akteure und Teilnehmer komfortabel und strandnah unter einem Dach!
Unser Pauschalangebot: Vollpension im Haus incl. Teilnehmergebühr pro Person
im Doppelzimmer 173 Euro und
im Einzelzimmer 197 Euro!
Anmeldung:Am besten melden Sie sich direkt im Haus an oder online bitte hier!

Geplanter Ablauf

DatumBeginnThematik
Do. 3. 10. 200219:30 Wer ist gekommen? - die Vorstellungsrunde
21:00 "Mein wunderbares Schattenspiel" - die Ultimative Analogproduktion von Peter Kainz aus dem Jahre 1995.
Fr. 4. 10. 200209:30 Der eigene Anspruch und die Erwartungen der Anderen - Werkstattgespräch mit dem Tonmeister Reinhard Walter - Mehr!
14:00 Hörstunde für Nimmersatte:
"Hiev op! Akustisches Logbuch einer Fischfangreise nach Ostgrönland. Eine stereophone Dokumentation von Ekkehard Saß"
16:00 Was wir wollen und was wir kriegen - Gedankenaustausch über den Klang - Mehr dazu!
19:30 "Unsere Klangwelt ist keine Scheibe!" -
das Klangkonzept von MDG.
Sa. 5. 10. 2002 09:30"Zum Beispiel Klütz - Landwirtschaft in Ostdeutschland" - Tanja Busse und ihr Feature aus Boltenhagens Hinterland
13:30 Hörstunde für Nimmersatte:
"Wie eine Staubwolke von Noten: Portrait eines Orchesters" von Ekkehard Saß.
16:00 H2 in der Nalepastraße: Angelika Perl und Peter Kainz - das Update 2002.
19:30 Ekkehard Saß - eine Bilanz seiner Radiojahre
22:30Zugabe für Nimmersatte zur Nacht
So. 6. 10. 2002 10:00 Nachklang und Vorausschau

Der gute Ton

Der Ton macht bekanntlich die Musik und das ist eine längst ergraute Weisheit. Aber mit ihrer Bedeutungsunschärfe und Deutungsfähigkeit wollen wir während der IV. Boltenhagener Tage für akustische Medien schon ein wenig spielen.

Der Ton, der aus unseren Lautsprechern tönt all überall, konnte noch nie besser sein als in dieser unserer Zeit: kein unerwünschtes Rauschen; größtmögliches Frequenzspektrum; überwältigende Transparenz und Räumlichkeit - die schöne neue Welt der digitalen Klangerzeugung öffnet sich als Reich der unbegrenzten Möglichkeiten.

Aber stellt sich die Faszination noch her, die uns aus unserem ersten Stereoradio entgegenrauschte? Meine ersten Pop-Freuden holte ich in den 60er Jahren aus einem Rückkopplungsempfänger Baujahr 36 oder unterlegt mit einem 5-kHz-Pfeifton und scheppernd aus dem Kofferradio der Clique: Frank Elsner präsentiert "Die großen Acht" auf Radio Luxemburg. Der Sound entsprach scheinbar genau unserem Lebensgefühl.

Guter Ton ist also keine absolute Größe, sondern eine historische, relative und subjektive.

High Fidelity aber war eine große Versprechung: Der Ton sollte vom Mikrofon bis in die Lautsprecher wandern ohne hörbare Verluste und sollte sich dort wieder so ausbreiten als wäre er eben den Schallquellen entstiegen. So sehr sich das technisch Mögliche diesem Idealzustand auch annähern mochte, seine Erreichung muss Illusion bleiben. Die akustische Projezierung eines berühmten Konzertsaals hinein in unser Wohnzimmer bleibt eine Projektion. Unsere restlichen Sinne sagen uns, dass wir eben nicht in diesem Saal zwischen all den KOnzertbesuchern sitzen. Und noch ist mir kein Wiedergabesystem begegnet, was wirklich vergessen machen könnte, dass der Ton aus Lautsprechern kommt. Und kann und soll das überhaupt das Ziel sein? Wir werden darüber zu reden haben, wenn wir das momentan Machbare in Boltenhagen erleben.

Räume sind bekanntlich dreidimensional. MUSIKPRODUKTION DABRINGHAUS UND GRIMM ist ein Klassik-Label, das sich mit seinen audiophilen Aufnahmen in der Branche schon seit 1978 einen guten Ruf gesichert hat. Jetzt setzen die Detmolder konsequent auf abwärts kompatible 2+2+2-Kanal-Technik für DVD Audio.

"Etwas Vergleichbares habe ich aus Lautsprechern in einem ganz normal großen Raum noch nie gehört!" So das Fazit von Diether Steppuhn nach einer Vorführung der 2+2+2-Kanal-Übertragung im Studio bei Werner Dabringhaus in Detmold. (Der ganze Text zum Nachlesen in "nmz" 2001/02, Seite 17)!
Einen Überblick zu den Pionieren des DVD-Audio gibt Andreas Kolb in "nmz" 2002/03 Seite 53!
Ob sich die Raumwiedergabe durch DVD-Audio ebenso im Sande der konkurrierenden technischen Verfahren verliert wie in den 70er Jahren die Quadrophonie muss die Zeit zeigen. Es gibt Anhaltspunkte für eine optimistische Sicht.

Dipl.Tonmeister Werner Dabringhaus gehört für Verein CLASS - Association of Classical Independents in Germany e.V. dem Vorstand des VUT e.V. = Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und Musikproduzenten an und ist als Lehrbeauftragter in der Tonmeisterausbildung an der Hochschule für Musik Detmold tätig.

Werner Dabringhaus wird in Boltenhagen sein, um die Lautsprecherinstallation gründlich auf den nicht eben optimalen Raum einzumessen. Das Reden will er Manfred Görgen überlassen, seinem Mitarbeiter fürs Öffentliche und Geschäftsführer von CLASS e.V..

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Von Tonmeisterschaft und ihrer Selbstbehauptung

Die technischen Möglichkeiten der Klangerzeugung, -verarbeitung und -speicherung haben sich so gigantisch entwickelt, dass die künstlerische Seele zumindest Schwierigkeiten hat, zu folgen. Was sich an digitaler Ausrüstung heute auf einem Schreibtisch unterbringen lässt, übersteigt an Möglichkeiten das, was die führenden Tonstudios der 70er Jahre zu bieten hatten, oft um ein Vielfaches zu einem Bruchteil des Preises. Es bedarf infolgedessen kaum noch einer ideellen Besessenheit, einer großen Konzentration vieler Kräfte auf ein bestimmtes Vorhaben, um sich der High-End-Möglichkeiten zu bemächtigen. Der Soundproduktion ist die Exklusivität verloren gegangen. Sie hat sich freilich noch nie über technische Machbarkeiten definiert. Sie ist inspiriert durch Ideen, die nach Mitteln suchen. Bei Soundboy Jedermann ist es der Überfluss der Möglichkeiten des Equipments, das oft vergeblich nach Inspiration ruft. Der Überfluss tötet die Kreativität. Doch nun komme ich ins Predigen, wenn ich mich dazu hinreißen lasse, diese These umzudrehen und zuzuspitzen: Wenn nicht der Mangel, so IST doch viel Entsagung die Bedingung der Meisterschaft.

Doch der Tonmeister mag darüber anders denken. Ich bin keiner. Reinhard Walter ist einer, und mit ihm können wir vielleicht auch philosophieren, obwohl er wohl eher ein Mann der Praxis ist. Ihn bewegt eher die Frage, was es ist, was die Klangvorstellungen einiger seiner Auftraggeber von seinen eigenen entfremdet. Aber eigentlich sind seine Tagesfragen gar nicht so reflexiv. Er hat ein ordentliches Gesamtwerk und wir dürfen da hineintauchen.

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Zwischen Ideal und Kompression

Was die Übertragungs- und Wiedergabetechnik des Rundfunks heute so bewerkstelligt, scheint sich eher vom Ideal guten Tons zu entfernen. Das muss Gründe haben, die außerhalb der Technik liegen. Es muss eher mit der Bestimmung des Radios in unserer Zeit zu tun haben. Wo denn hören die Majoritäten, die als Quotentraum die Funkhausbesatzungen unter Druck setzen? Sie hören irgendwo nebenbei: Im Auto, dessen eigener Lärmpegel uns schon gar nicht mehr bewußt ist, doch gegen den Radio anboostern muss. Die Dynamik, wie sie noch auf einigen Kulturprogrammen gepflegt wird, wird in diesem Kontext zur Anstrengung und schließlich zur Zumutung. Die Macher von Classic Radio haben das offenbar begriffen.

Und die Menschen, die die Quotenjäger gern als "unsere Menschen" vereinnahmen möchten, hören Radio von morgendlichen Duschen bis zum Beginn des Fernsehabends überwiegend nebenbei. Es stört, wenn es schweigt, aber auch, wenn es sich zu wichtig macht. Es scheint die Hoheit über die Frisiersalons zu sein, um die die Massenprogramme kämpfen.

Stefan Weiler wird zu verschiedenen Audioformaten und ihre Verwendung im Hörfunk sprechen und eigene Einsichten zur diskussion stellen.

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Der Klang der Radiokunst

Anlässlich des 70. Geburtstags von Ekkehard Saß wiederholten Radio Kultur und MDR Kultur "Hiev op! Akustisches Logbuch einer Fischfangreise nach Ostgrönland. Eine stereophone Dokumentation von Ekkehard Saß". Die Produktion aus dem Jahre 1973 hält auch heute noch hohe Maßstäbe des Klangerlebens aus. So machte ich mich auf die Suche nach dem Toningenieur und fand zum Autor. Er ist bereit, aus Baden-Baden nach Boltenhagen zu kommen mit seiner Werkbilanz. "Hiev op" wird in Gänze gehört werden können und auch sein Orchesterporträt "Wie eine Staubwolke aus Noten", für das er 1976 mit dem edlsten Featurepreis, dem Prix Italia ausgezeichnet wurde.

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Ekkehard Saß hat einige seiner überragenden dokumentarischen Radiophonien gemeinsam mit erfahrenen Toningenieuren machen können. Peter Kainz konnte schon aus biographischen Gründen nicht unter diesen sein. Aber er ist doch ein gestandener und gefragter Tonmacher des Hörspiel- und Featurebereiches. Wo Ekkehard Saß den Schlußpunkt unter sein Radioschaffen setzte, irgendwo im Vorfeld der Digitalisierung konnte Peter Kainz nicht stehen bleiben, auch wenn er gelegentlich sagt, er hätte eben dies tun sollen, denn was sollte nach "Mein wunderbares Schattenwspiel", seiner letzten großen analogen Produktion noch kommen? Nun, wir werden in diesen 12-Teiler des WDR zumindest hineinhören in Boltenhagen. Für mich ist Peter Kainz in dieser Perspektive eines der unverzichtbaren Bindeglieder, die mittlere, vermittelnde Generation, die die in den analogen Mühen gewachsene Ästhetik hinübertragen ins digitale Zeitalter.

Aus der Welt des Features haben wir mit Peter Kainz nicht nur den Toningenieur, sondern in Angelika Perl auch die Regisseurin und schließlich in Tanja Busse auch die Jorunalistin zu Gast. Tanja Busse gehört zur jungen Generation.

Was wir von Tanja Busse hören werden, ist weniger künstlerisch-ästhetisch ambitioniert. Es gibt andere Gründe, die mich erwarten lassen, dass gerade ihr Stück Gemüter aufwühlen wird. Sie legt den Blick frei auf eine offene Wunde der deutschen Wiedervereinigung, ein bewegendes Stück Zeitgeschichte, dessen Protagonisten in und bei Boltenhagen wohnen. Wir werden es unter diesen publik machen, dass die Autorin, die bei ihnen gründlich recherchierte und aufzeichnete, nun mit dem fertigen Werk im Ort ist. Und diese Wirklichkeit mag uns heilsam durchwehen, damit wir nicht im radioästhetischen Elfenbeinturm verdämmern.


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Diese Seite als WORD-Dokument!Der Ablaufplan als BrailledateiAnhang zum Ablaufplan in Braille

Jürgen Trinkus - Klangkontext - Programmverantwortlicher der Boltenhagener Tage für akustische Medien.


Erstellt am 14.04.2002Zuletzt geändert am 11.01.2012