Ermutigung für einen älteren blinden Zeitgenossen

 

"Ausführliche und aktualisierte Informationen finden Sie auf unseren Internetseiten!" So oder ähnlich heißt es allenthalben. Deine Lokalzeitung, Dein Heimatsender, Deine Vereinsfreunde und Kollegen - alle reden nicht nur davon - sie sind auch schon drin.

Und du willst eigentlich auch? Aber dir fehlen die umfassenden Computerkentnisse ebenso wie die Screenreader und wie die teuren Blindenhilfsmittel noch so alle heißen. Freilich, einen PC hast du. Dein Sohn sitzt meist davor und geht auch per Modem ins Internet. Doch für dich ist das ja leider nichts! Und vielleicht bist du ja auch schon zu alt für sowas?

Wir ermutigen Dich, es trotzdem zu wagen. Seit es den Home Page Reader von IBM gibt, braucht man keine teuren Zusatzgeräte mehr, um sich von einem beliebigen Ort aus auf den Weg ins weltweit wild wachsende Gewebe aus Informationen und Unterhaltung zu begeben.

Der Home Page Reader setzt auf den Internet Explorer auf, der standardmäßig zu Microsoft Windows in den aktuellen Versionen gehört. Der HPR strukturiert die Web-Seiten so, dass er sie sinngerecht vorlesen kann, was er wahlweise in 8 verschiedenen Sprachen tut. Den logischen Aufbau einer Web-Seite kann man sich also mit den Ohren erschließen. Verweislisten, Tabellen, Formulare und Dialogboxen sind für mich keine Hürden mehr seit ich den Home Page Reader verwende.

Also, gibt es in deiner Familie einen Computer mit Internetzugang und Soundkarte? Und beherrscht du die Schreibmaschinentastatur? Und bringst du eine Portion Interesse mit? Ja, dann müsste es mit einen Webreader zu machen sein!

Das Internet bietet faszinierende Möglichkeiten, in Freizeit, Beruf und Vereinsarbeit neue Horizonte aufzutun. Der IBM Home Page Reader ist dafür sozusagen eine Art "Volksempfänger" fürs Internet. Diese Formulierung ist von IBM nicht autorisiert und soll nur die praktische Bedeutung dieses Hilfsmittels verdeutlichen.

Hier geht es auch gar nicht darum, jemanden zum Kauf des HPR zu animieren. Vielleicht entscheidest du dich auch anders. Auch andere Hersteller von Blindenhilfsmitteln im Computerbereich stellen leistungsfähige Zusatzprogramme bereit. Aber der von Frank Audio Data kostenlos bereitgestellte Webformator ist für Blinde/Sehbehinderte nur nutzbar, wenn ein sog. Screenreader mit Braille-Display und/oder Sprachausgabe vorhanden ist. Gleiches gilt auch für den WebWizard der Firma Baum Retec.

Noch einige Ausführungen zum IBM Home Page Reader. Er beinhaltet zusätzlich noch ein E-Mail-Programm, das aber nicht uneingeschränkt empfohlen werden kann. Dagegen ist das integrierte Lernprogramm sehr gut geeignet für Autodidakten jeden Ausgangsniveaus.

Wie nun navigiere ich als Blinder auf einer mir noch nicht bekannten Internetseite?

  1. Wenn ich die Internetadresse (URL) der Seite eingegeben habe und der HPR mit dem Laden beginnt, begleitet er diesen Vorgang durch akustische Signale, die mir sagen, ob er/sie/es noch was tut. Ist der Ladevorgang abgeschlossen, beginnt der HPR mit dem Vorlesen, doch das unterbreche ich noch mal durch Drücken der STRG-Taste.
  2. Um zu wissen, wie komplex die aufgerufene Site ist, bemühe ich die Funktion "Zusammenfassung der Seite". Sie gibt einen statistischen Überblick zur Anzahl der Rahmen, Verweise (Links), Textelemente, Tabellen und Formulare. Nehmen wir als Beispiel station to station - Kiels Stadtmagazin.
  3. Die Kenntnis der formalen Vielfalt der Site gestattet mir, geeignete Navigationsfeatures auszuwählen. Es offenbaren sich 4 Rahmen. Besteht die Site aus mehreren Rahmen, so wähle ich erst mal die sog. Rahmenansicht. In ihr werden die einzelnen Fenster als Auswahlmenü dargestellt. Wenn der Seitengestalter alles im Metatext ordentlich betitelt hat, hilft das sehr.
    Ich gehe in den Rahmen 3, der die tabellarische Terminübersicht für den laufenden Monat enthält. Die Seitenzusammenfassung sagt jetzt:
    "Station, Kiels Stadtmagzin - Termine: Rahmen 4, Querverweise 37, Elemente 47, Formulare 1, Tabellen 3."
    Um nun rasch in den Kalender zu gelangen, wähle ich aus den Leseoptionen die "Tabellenübersicht" und nach Auswahl der richtigen Tabelle die "Tabellennavigation". Alles das geht übrigens sowohl via Menü als auch über Kurztasten.
    Im Lesen von Tabellen ist der HPR sehr komfortabel, was hier natürlich nicht weiter ausgeführt werden kann. Im Tabellenkopf suche ich den interessierenden Wochentag und gehe dann herunter auf das gewünschte Datum. Die Daten werden mir mit weiblicher Stimme angesagt, sind also sog. Querverweise, also Links. Ich wähle den Tag und frage nach seinem Erscheinen wieder die Seitenzusammenfassung. Jetzt sagt sie:
    "... Rahmen 4, Querverweise 6, Elemente 44, Tabellen 1."
  4. Das Auslesen der Site geschieht mit einfachen Navigationsbefehlen. Möglich ist kontinuierliches Vorlesen, beschleunigtes Vorlesen, Bewegen von Element zu Element, von Wort zu Wort, von Zeichen zu Zeichen, auch im Windows-Cursor-Modus. In der Regel wähle ich den Elementlesemodus. Jeder Druck auf die Pfeil-rechts-Taste bringt mich einen Absatz weiter.
    Und ein weiteres Strukturelement wird hörbar. Wenn ein Element als Überschrift formatiert ist, gibt der HPR an dieser Stelle ein Midi-Signal aus.
    Die Tipps von "Station to Station" sind in Rubriken gegliedert, die als Überschriften formatiert sind. Wenn mich also nicht die 7 īTage lang wiederkehrenden Kinodaten interessieren, schalte ich um in den Überschriftenmodus. Wenn ich dann einmal Pfeil nach rechts drücke, springt der HPR gleich weiter zu den Theatertipps. Interessieren mich diese auch nicht, gehts gleich weiter zu "Wat noch", doch dort schalte ich dann wieder in den Elementlesemodus, um die einzelnen Tipps zu hören. Möchte ich etwas ganz genau wissen, so kann ich es Wort- oder Zeichenweise vorlesen, ja sogar phonetisch buchstabieren lassen.
  5. Jetzt lege ich die Seite unter den Favoriten ab und verweise auf die Demo-Version und das Lernprogramm zum HomePageReader.
 

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Erstellt am 05.10.2003Zuletzt geändert am 06.10.2003 Mail an den Seitenautor: Jürgen TrinkusZur Homepage von J. Trinkus!